„Konzertfreunde der Stadthalle“: Offener Brief an OB und Stadträtinnen und -räte

29.4.2020 Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses,
angesichts der Coronakrise fragen sich viele Menschen: Wie werden meine Finanzen, die meiner Firma, meiner Stadt und unseres Staates in einem Jahr aussehen und wie können wir, auch finanziell, mit Rezession und Verzicht umgehen? Corona wird auch die Finanzen der Stadt ins Wanken bringen. Vor diesem Hintergrund wiederholen wir Konzertfreunde der Stadthalle unsere Bitte an den Oberbürgermeister und die Mitglieder des HAFA,

das Sanierungskonzept des Großen Saales mit dem Herausreißen der Bodenplatte incl. dem Einbau von Hubböden zu überdenken, auf die geplante „de Luxe“-Sanierung nach W & W zu verzichten und sie stattdessen in die von uns geforderte sanfte Sanierung umzuwandeln. Zu glauben, dass die teure und zeitaufwändige Sanierung mit bereits jetzt 32,9 Millionen € plus einer vom Kämmerer erwarteten Kostensteigerung um weitere 30% (= ca. 10 Mio. €) realisierbar sei, erscheint uns unrealistisch. Wir plädieren dafür, mit den Spenden der Sponsoren sparsamer umzugehen, was in Anbetracht riesiger Belastungen, die auf die Nach-Corona-Haushalte der Stadt zukommen, ein Gebot der Stunde wäre. Drastisch zurückgehen werden u.a. die Gewerbesteuer, der kommunale Anteil der Einkommenssteuer und die Zuweisungen des Landes im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs.

Zur Erinnerung: Für das Theater waren ca. 36 Mio. € kalkuliert – abgerechnet wurden ca.75 Mio. €. Experten warnen vor einer ähnlichen Entwicklung für die Stadthalle. Jetzt ist der ideale
Moment, eine, von den Sponsoren ausdrücklich gewünschte, Konsenslösung zu finden. Die moderate Sanierung des Großen Saals verkürzt die Umbauzeit und erlaubt eine frühere Wiedereröffnung, auch des „Heidelberger Frühling“. Wenn selbst Intendant Thorsten Schmidt im RNZ-Forum (17.02.2020) einräumt, dass bereits der unsanierte Saal für Kammerkonzerte und für mittelgroße Orchester eine gute Akustik bietet, dann könnte der von uns vorgeschlagene Optimierte IST-Zustand sowohl die Akustik verbessern, als auch potentielle Konflikte mit dem Denkmalschutz vermeiden sowie Zeit und Geld sparen. Große, teure Orchester hätten im sanierten Saal nur ca. 950 Zuhörer und wären damit extrem kostspielig. Deshalb sollten Konzerte großer Orchester im dafür akustisch zu rüstenden Saal des neuen Kongress-Zentrums (ca. 1.800 Zuhörer) stattfinden.

Ein vorbildhaft mit konsequentem Denkmalschutz sanierter Großer Saal, der sein einzigartiges Flair behält, könnte neben anderen ein weiteres Heidelberger Kleinod werden. Ausgerechnet den Konzertbesuchern wird aber ein untypisches, unhistorisches Erscheinungsbild des Großen Saals zugemutet – und das in einer vom Bombenkrieg verschonten Stadt, in deren Umfeld alle historischen Konzertsäle zerbombt wurden. Warum müssen kulturbewusste Konzertbesucher z.B. eine Karnevals-Veranstaltung besuchen, um den Großen Saal in seinem ursprünglichen historischen Erscheinungsbild erleben zu können? Angesehene Akustiker bestätigen, dass für einen Musikgenuss das Angebot für Auge und Ohr harmonieren muss. Anne-Sophie Mutter sagt das so: „Musik und Denkmale bewahren Erinnerungen und Gefühle.“

Unsere Bitte an die Mitglieder des HAFA: Verschaffen Sie sich Akteneinsicht in den Bauantrag und prüfen Sie, ob er mit den §§ 2, 6, 7, 8, 12 und 15 des DSchG_B.-W. im Einklang steht. Auch die Investitionskostenschätzung einschl. Risikozuschlägen sollte kritisch geprüft werden. Gleichzeitig ist eine realistische Schätzung der Betriebskosten einzufordern, die ja den Haushalt dauerhaft belasten. Darüber sollte der HAFA diskutieren, bevor der Genehmigungsprozess abgeschlossen ist.

Wir sind sicher, dass eine Entscheidung bei der Sanierung - diesen Zeiten entsprechend - bescheidener und kostenbewusster zu handeln, dem Oberbürgermeister, den Mitgliedern des HAFA und den Sponsoren Respekt und Verständnis einbringen wird.      

Für die
Günter Braus, Albertus Bujard, Jürgen Edler, Prof. Dr. Hans Gutbrod, Dr. Martin Kölle, Dieter Strommenger

Kontakt: albertus@bujard.de

04.05.2020 - 12:00