Zeitzeugengespräch: Judith Rhodes über ihre Muter Ursula Michel

Sonntag 27. September 2015 18:00 Uhr, Friedrich-Ebert- Haus Heidelberg, Pfaffengasse 18, 69117 Heidelberg

URSULA MICHEL: ALS JUGENDLICHE IM KINDERTRANSPORT - KOFFER GEPACKT UND ÜBERLEBT
ZUR ERINNERUNG AN PFARRER HERMANN MAAS, HEIDELBERG

(5. August 1877 - 27. September 1970)

Begrüßung: Guilhem Zumbaum-Tomasi
Grußwort: Kurt Beck, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung
Werner Keller, Pfarrer i. R.

Hermann Maas – Begegnung mit der jüdischen Lebenswelt
Film und Diskussion: Judith Rhodes und Monika Kleinschnitger
 

„Herzliche Grüße und Küsse von deinem Vater.
Sei hübsch ordentlich und fromm bis nach Haus du wieder kommst.”

So rührend schreibt Heinrich Michel Anfang der 1940er Jahre an seine Tochter Ursula. Er wird mit seiner Frau Gertrud und der jüngeren Tochter Lilli 1942 deportiert; Ursula lebt bereits seit 1939 in England und überlebt, da sie aus dem nationalsozialistischen Deutschland mit einem der letzten Kindertransporte unmittelbar vor Beginn des Zweiten Weltkrieges im Alter von 15 Jahren fliehen konnte. Ihre Familie wird 1942 aus Mannheim deportiert und in einem der vielen Todeslager im Osten ermordet. Für Gertrud, Heinrich, Ursula und Lilli Michel sind 2010 vier Stolpersteine vor ihrem Wohnhaus in der Pfalzgrafenstraße 67 in Ludwigshafen verlegt worden.
Eng verwoben ist ihre Geschichte und ihr Überleben mit dem Engagement von Pfarrer Hermann Maas, Pfarrer an der Heiliggeistkirche in Heidelberg. Im Rahmen des vom Berliner Pastor Heinrich Grüber im September 1938 gegründeten „Büro Grüber“ – eine Organisation von evangelischen Christen, die in Opposition zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland standen und als Bekennende Kirche gegen den Rassenwahn arbeiteten – wurde Juden und Verfolgte des NS-Regime geholfen. Pfarrer Maas
koordinierte mit Hilfe der „Vertrauensstelle des Büros Pfarrer Grüber“ die Flucht der von den Nürnberger Rassengesetzen (1935) bedrohten Kinder aus der hiesigen Region; so verhalf er auch Ursula Michel zur Flucht nach England. Sie war zwar protestantisch getauft, galt aber nach den Rassegesetzen als Jüdin. Werner Keller, Pfarrer i. R., kannte das Leben, das Wirken und das Ausmaß der Hilfsbereitschaft von Pastor Maas; und auch seine Bewunderung für die jüdische Lebenswelt.
Besonders freuen wir uns, dass Kurt Beck, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, mit einem Grußwort die Zeitzeugenveranstaltung würdigen wird.

Die Tochter von Ursula Michel, Judith Rhodes, stellt den kleinen Exil-Koffer ihrer Mutter vor, mit dem sie am 25. August 1939 in London angekommen war – gepackt voller Erinnerungen, die auf das Leben in Ludwigshafen und der Region hinweisen. Sie erzählt vom Leben ihrer Mutter und wie sie selbst mit den Erinnerungen der Mutter aufwuchs.
„Ludwigshafen setzt Stolpersteine e.V.“ hat ein biographisches Quellenbündel und einen Kurzfilm zur Geschichte der Kindertransporte nach England 1938/39 mit dem Titel „Koffer gepackt und überlebt“ herausgegeben. Grundlage bilden die sehr persönlichen Briefe, Bilder, Dokumente und Fotos der Familie.

Seit 1989 finden im Friedrich-Ebert-Haus regelmäßig Zeitzeugengespräche statt. In bereits über hundert Veranstaltungen werden Jugendliche durch ihre Begegnung mit Zeitzeugen für Themen wie Verfolgung, Exil, Flucht und gewaltsamer Tod ausgehend und verantwortet durch den nationalsozialistischen Rassenwahn, sensibilisiert.

Wir laden Sie sehr herzlich zu diesem Abend der besonderen Zeitzeugen ins Friedrich-Ebert-Haus ein.

Guilhem Zumbaum-Tomasi, Friedrich-Ebert-Haus
Monika Kleinschnitger, Ludwigshafen setzt Stolpersteine e.V.

 

Um Anmeldung wird gebeten: Guilhem Zumbaum-Tomasi, Friedrich-Ebert-Haus

zumbaum-tomasi (at) ebert-gedenkstaette.de, Stichwort Zeitzeugengespräch